Freelancing, Selbstzweifel
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Wer hat Angst vorm Leser?

Hat dich die Angst, dass jemand deinen Text liest, schon einmal davon abgehalten, ihn zu veröffentlichen oder gar ihn zu schreiben? Und das obwohl du viel schreiben willst und/oder musst? Dann ist dieser Blogpost für dich – gegen deine Angst vorm Leser.

Beim Schreiben sollten wir direkt an unsere Leser*innen denken, ja, sie uns am besten sogar mit ihren Sorgen und Wünschen konkret vorstellen. Schließlich wollen wir sie mit unseren Worten in der Tiefe ihres Herzens erreichen. So weit, so richtig. Was sich jedoch ganz und gar nicht empfiehlt: Die kritischen Gesichter von Erna und Ernst vor sich zu sehen, während man versucht, die richtigen Worte zu finden. Ich weiß, wovon ich schreibe, denn ich hab’s trotzdem getan und so mein Studium um ein Semester verlängert. (Die Kurzversion: Ich habe die zwölf Seiten meiner Magisterprüfungsklausur zerrissen, weil ich Angst hatte, dass mein Professor sie liest.) Und auch dieser Blogpost existiert seit Monaten als Entwurf.

Woher kommt die Angst?

Jede*r von uns hat ihre*seine eigenen Geister. So viel ist sicher. Die Angst vorm Leser, das habe ich mehrfach selbst erlebt und gehört, ist oft die Angst vorm Versagen und vor Ablehnung. David und Tom Kelley schreiben dazu in ihrem Buch „Kreativität und Selbstvertrauen: Der Schlüssel zu Ihrem Kreativbewusstsein“:

„Unserer Erfahrung nach ist (…) die größte Angst, die Angst zu versagen. Sie kann sich in der Angst ausdrücken, beurteilt zu werden, mit etwas anzufangen oder sich Unbekanntem zu nähern. Und auch wenn schon viel über Versagensangst gesagt und geschrieben wurde, stellt sie doch noch immer das größte Hindernis für erfolgreiche Kreativität dar.“

David und Tom Kelley, Kreativität und Selbstvertrauen, S. 59.

Wow. Treffer. Diese Zeilen bringen den Struggle gut auf den Punkt.

Ich möchte mich von dieser Angst nicht mehr vom Schreiben, vom Kreieren abhalten lassen. Für den Moment, wenn sie mich einholt, die Angst, denn das tut sie immer wieder, logisch, habe ich mittlerweile aber Strategien entwickelt, um sie in Schach zu halten. Vielleicht helfen sie auch dir.

7 Tipps gegen die Angst vorm Leser

  • Tu so, als würdest du für deine beste Freundin schreiben. Stell dir vor: Sie sitzt vor dir, lächelt, nickt. Sie gibt dir ein, zwei Verbesserungstipps, aber ermutigt dich, einfach weiterzuschreiben.
  • Merke dir: Keine Idee ist je final. Nie. Nie. Nie. Dazu gibt es sogar ein Buch: The Talks – No Idea Is Final: Quotes from the Creative Voices of our Time von Sven Schumann und Johannes Bonke. Und wenn sie es trotz dieser Erkenntnis geschafft haben, ein Buch zu schreiben und zu veröffentlichen, dann schaffst du das auch.
  • Mach dir deine Lieblingsmusik an. Bei mir ist das zum Schreiben der sanfte Max Richter, manchmal auch die poetische Lina Maly. Und wenn es ganz schwierig wird, dann kommt „Trouble is“ von Helgi Jonsson auf die Ohren.
  • Drei Schreibende, drei Texte. Egal wie viel Mühe du dir gibst, andere Texter*innen betexten ein und dasselbe Thema anders. Das gilt übrigens auch für andere kreative Bereiche. Und das ist auch gut so, denn sonst hätten etwa die Impressionisten nicht so herrlich unterschiedliche Bilder von Blumenwiesen für die Nachwelt erschaffen.
  • Lass eine gute Seele drüberlesen. Gib deinen Text einem Menschen zu lesen, dem du vertraust. Das kann eine andere Texterin sein oder eine fachfremde Person. Wichtig ist, dass sie dir gegenüber wohlgesonnen, aber auch kritisch ist.
  • Vier gewinnt: Gut ist gut genug. Es muss nicht immer die Eins plus sein, es kann auch eine Vier sein. Das habe ich nach meiner zerrissenen Magisterprüfungsklausur verstanden. Für meine Wiederholungsklausur war das Motto dann: Vier gewinnt.
  • Verlasse deinen Schreibtisch. Sofort. Geh vor die Tür, rufe nette Menschen an und streichle deine Seele. Lass dir dabei helfen, diese Angst vor den Lesenden zu relativieren. Denn so böse wie du in dem Moment denken magst sind sie nicht.

Tschüss, Angst vorm Leser!

Bitte vergiss nie: Keine Angst der Welt ist es wert, dass du deine Gedanken nicht teilst. Unsere Welt braucht sie, die vielen verschiedenen Perspektiven auf das Leben. Auch deine. Nimm dir ein Herz, greife zum Stift, zum Pinsel, zum Laptop und leg los!

Jetzt interessiert mich aber sehr: Kennst du diese Angst überhaupt? Und wenn ja: Was sind deine besten Tipps, um diese Angst zu überwinden?

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