Gedachtes
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1, 2, 3, Kurzschluss

Ein Satz ist mir aus meiner Unizeit ganz besonders im Kopf geblieben: „Na, das klingt mir sehr nach Angst vorm Leser.“ Gesagt hat ihn ein Professor, nachdem ich meinen Studienabschluss „freiwillig“ aufs Spiel gesetzt hatte – indem ich nach vier Stunden schreiben eine zwölfseitige Magisterklausur zerrissen habe. Zwölf Seiten. Meine Freundinnen fassungslos wartend vor der Tür.

Noch heute, fast 20 Jahre später, ist mir dieser Moment lebhaft in Erinnerung.

Diese Kurzschlussreaktion kam natürlich nicht von ungefähr. Die Wochen zuvor, wie auch schon bei meiner Zwischenprüfung Jahre zuvor, hatte ich Versagensängste, Panikattacken und Schlafstörungen, die ich mit Schokolade und Schlaftabletten bekämpft habe. Meine Familie und Freund*innen in Aufruhr, nicht wissend, was sie noch anderes tun können. (Nichts!)

Warum ich darüber schreibe? Weil die meisten von uns früher oder später in Situationen kommen, die ausweglos erscheinen (und es in diesem Moment oftmals auch sind). Ihr seid damit nicht allein. Ich möchte an dieser Stelle aber Mut machen, dass diese Momente vergehen, egal wie lange sie dauern. Manchmal entsteht sogar etwas noch Besseres daraus.

Ich jedenfalls habe fünf Dinge aus dieser Zeit mitgenommen:

  • Die richtigen Menschen im Leben sind mehr wert als alle (Studien-)Erfolge dieser Welt.
  • Die Welt geht nicht unter, wenn es nicht läuft wie geplant.
  • Manchmal ist die Zeit einfach noch nicht reif.
  • Eine Ritter Sport pro Tag ist auch keine Lösung.
  • Selbst mit einer ausgeprägten Angst vor dem*der Leser*in kann man Texter*in werden.

Wie die Sache ausging, fragt ihr euch jetzt vielleicht? Ich habe ein Semester wiederholt, mir einen neuen Prüfer gesucht, bin in ein neues WG-Zimmer gezogen, habe meine Nebenjobs weitergemacht, einen Bildungskredit aufgenommen und hatte mit unzähligen Kaffee-Dates im sommerlichen Jena das schönste Semester meiner Studienzeit. Mit meinem selbst ausgerufenen Motto „Vier gewinnt“ habe ich am Ende meine Klausur abgegeben und bestanden. Nach dem Studium ging es dann für mich nach Hamburg statt wie geplant nach Frankfurt am Main. Danke, Universum.

Habt ihr auch schon einmal einen Plan mit einer Kurzschlussreaktion nachhaltig verändert? Was habt ihr dabei erlebt?

2 Kommentare

  1. Annika sagt

    Oooh danke für diesen Text, der ging mir grad echt unter die Haut. Ja, diese Momente und wie das Leben dann so spielt, diese Haltlosigkeit und trotzdem ist es irgendwie genau richtig so, nur weiss man es in dem Moment noch nicht. Haha und die Ritter Sport!!! So köstlich 🙂
    Liebe Grüsse, freu mich schon auf Deine nächsten Texte.

    • Ganz lieben Dank für diesen Kommentar, Annika! Ich freue mich sehr, dass der Text dich so angesprochen hat <3 Und ja, die Ritter Sport, ich sehe mich noch heute (mehr oder weniger heimlich) in der Bibliothek Schokolade essen 🙂

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